Ernst Walb

Rektor 1927 - 1928

* 26.09.1880 (Alzey/Rheinhessen), † 02.11.1946 (Köln)
Professor für Betriebswirtschaftslehre
Dr. rer. pol. Dr. oec. h.c.

Nach einer kaufmännischen Lehre besuchte Ernst Walb (26.9.1880 Alzey/Rheinhessen) von 1904-06 die Handelshochschule in Köln, wo er als Schüler von Eugen Schmalenbach 1906 sein Diplom ablegte. Anschließend arbeitete er als Leiter der Co-operative Wholesale Soc. Lim. in Manchester sowie als Mitdirektor einer belgischen Handelsgesellschaft, bis er 1907 als erster hauptamtlicher Dozent für Handelswissenschaft und stellvertretender wissenschaftlicher Leiter der Handelshochschulkurse in Königsberg wurde, aus denen später die dortige Handelshochschule entstand. Zwei Jahre später folgte er einem Ruf als a.o. Professor an die Handelshochschule Stockholm, war dort ab 1909 o. Professor und nahm 1911 einen Ruf als o. Prof. für Handelstechnik an der Handelshochschule in Köln an. Ernst Walb vertrat dort in erster Linie die Handelstechnik der Banken. 1919 wurde er als Prof. für Betriebswirtschaftslehre an die Kölner Universität berufen, deren Wiedereröffnung er unterstützt hatte. Im gleichen Jahr promovierte man ihn ohne Vorlage einer Dissertation zum Dr. rer. pol. und ernannte ihn ohne Habilitationsschrift zum o. Professor. 1920 folgte Walb einer Berufung auf den Lehrstuhl für Privatwirtschaftslehre an die Universität Freiburg i.Br., wo er 1925-26 auch Dekan der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät war. 1926 kehrte Ernst Walb wieder nach Köln zurück und wurde bis 1936 Direktor des Seminars für Bankbetriebslehre, das 1930 in "Seminar für Bank- und Finanzwirtschaft" umbenannt wurde. Zur Verbesserung der konkreten Anschauung der Handelslehrerausbildung führte Walb regelmäßige Studienreisen ein, bei denen die Teilnehmer Einblicke in die Wirtschaftspraxis verschiedener Unternehmen erhielten. Von 1927-28 bekleidete er das Amt des Rektors der Universität zu Köln. In dieser Zeit setzte er sich mehrfach für die Einrichtung des Frauenstudiums ein. Zudem war er zur Zeit der Bankenkrise 1931 Mitglied der Bankenenquête-Kommission in Deutschland. Von 1935-37 übernahm er zunächst in Vertretung, dann bis 1945 die Leitung des Seminars für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Revisions- und Treuhandwirtschaft. 1935 setzte er sich auch für die Gründung eines Energiewissenschaftlichen Seminars ein, das 1943 durch Theodor Wessels eröffnet wurde. Darüber hinaus war er in den Jahren von 1931-32 und 1940-45 Dekan der WiSo-Fakultät. Seinem Antrag vom 27.12.1943, von seinen Verpflichtungen als Dekan entbunden zu werden, wurde nicht stattgegeben. Im WS 1944/45 wurde Walb an die Ausweichsstelle der Kölner Universität an die Universität Marburg entsandt. Als die Marburger Universität am 28.3.1945 durch den Einmarsch der Amerikaner geschlossen wurde, gab der Kurator der Universität Marburg die Anweisung, ab sofort den Kölner Professoren keinerlei Bezüge zu zahlen. Seitdem kämpfte Walb für sich und mehrere andere Kölner Professoren um die Wiedereinstellung und um ein Einkommen. Es wird vermutet, dass Walbs Rede, die er bei der Feier des "Tages der Nationalen Erhebung" verbunden mit der "Reichsgründungsfeier" am 30.1.1936 über "Die deutschen Kameralisten als Gestalter und Erzieher der deutschen Nation im Lichte des Nationalsozialismus" gehalten hatte und bei der er seine Zuhörer aufforderte, sich für die Erreichung der Ziele des "Führers" restlos einzusetzen, dazu führte, dass die britischen Militärregierung ihm eine nationalsozialistische Gesinnung unterstellte und im Entnazifizierungsverfahren eine negative Beurteilung beschied. Er konnte noch vom WS 1945/46 bis zum WS 1946/47 Lehrveranstaltungen innerhalb der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre abhalten, doch teilte ihm am 26. Oktober 1946 der amtierende Rektor Kroll die Entscheidung der britischen Militärregierung mit, dass er mit sofortiger Wirkung entlassen sei. Am 2. November 1946 setzte Ernst Walb seinem Leben in Köln ein Ende. Posthum wurde er von der britischen Militärregierung als "entlastet" eingestuft. Im Universitätsarchiv befindet sich ein 14-seitiger handgeschriebener Brief von Ernst Walb vom 8. März 1938 an den damaligen Rektor Otto Kuhn, in dem er Anschuldigungen gegen seine Person, dass er unzuverlässig, judenfreundlich, mit Thomas Mann befreundet sei u.a. Vorwürfen Stellung bezog. Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit von Ernst Walb lag auf dem Gebiet des Rechnungswesens, insbesondere der Erfolgsrechnung als Instrument zur Darstellung und Messung des Erfolgs privater und öffentlicher Betriebe. Er bearbeitete das Thema des kaufmännischen Rechnungswesens in verschiedenen Auflagen von "Rothschilds Taschenbuch für Kaufleute", veröffentlichte einen Beitrag zum "Streit um die Berechnung der Gewinnanteile bei der Aktiengesellschaft" (1915) und behandelte "Das Problem der Scheingewinne" (1922). Weiterhin erforschte er den zwischenbetrieblichen Kapital- und Zahlungsverkehr und entwickelte daraus eine spezielle Bankbetriebslehre, die auch die wissenschaftlichen Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre umfasste. Zwischen 1914 und 1918 veröffentlichte er zahlreiche Beiträge über den Einfluss des Krieges auf die Wirtschaft, u.a.: "Der Geld- und Kapitalverkehr im Kriege" (1914), "Die Befriedigung des Geldbedarfs der kriegführenden Staaten" (1915), "Kriegssteuer" (1917/18). Sein Hauptwerk "Die Erfolgsrechung privater und öffentlicher Betriebe" erschien 1926. Richtungsweisend waren seine Arbeiten über Kameralistik, worunter man heute den Rechnungsstil versteht, den die sog. Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) für ihre Verwaltungen, z.T. auch für ihre Erwerbsbetriebe verwenden. Hinzu kamen Arbeiten über Zahlungsverkehr und Bankbetriebslehre, die auch zur Klärung internationaler wirtschaftlicher Zusammenhänge in Italien, der Schweiz, Frankreich, England und Deutschland beitrugen. 1943 publizierte er das Werk "Finanzwirtschaftliche Bilanz" (2. Aufl. 1948). Zudem war Ernst Walb Mitherausgeber der "Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung". Ernst Walb war Mitglied der 1919 gegründeten Deutschen Werbewissenschaftlichen Gesellschaft. 1932 ernannte ihn die Handelshochschule Königsberg zum Dr. oec. e.h. 1935 war er korrespondierendes Mitglied des Deutschen Instituts für Bankwissenschaft und Bankwesen, 1936 Mitglied der Deutschen Akademie in München sowie Mitglied der Akademie für Deutsches Recht.

Quellen: Hermann Corsten: Das Schrifttum der zur Zeit an der Universität Köln wirkenden Dozenten, Köln 1938, S. 21-23; UAK, Zug. 571, Nr. 229; UAK, Zug. 604, Nr. 187-89; Willehad Paul Eckert: Kleine Geschichte der Universität Köln, Köln 1961, S. 209; Hans Klanke: "Ernst Walb", in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Bd. IV, Stuttgart, 3. Aufl 1962, 6144f.; Reinhold Hömberg: "Ernst Walb (1880 bis 1946)", in: Friedrich-Wilhelm Henning: Betriebswirte in Köln, Köln u.a. 1988, S. 35-70; Frank Golczewski: Kölner Universitätslehrer und der Nationalsozialismus, Köln u.a. 1988, S. 206; Senatskommission für die Geschichte der Universität zu Köln (Hrsg.): Kölner Universitätsgeschichte, Bd. II, Das 19. und 20. Jahrhundert, Köln u.a. 1988, S. 123f.,177, 267-269, 366f., 421f.; Hannelore Ludwig: Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Lehre in Köln von 1901 bis 1989/1990, Diss. Univ. Köln 1990, Köln u.a. 1991, S. 50, 58, 69, 74, 102f.; Kat.: Von der Handelshochschule zur Universität. 100 Jahre wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Lehre und Forschung in Köln, Universitäts- und Stadtbibliothek, Köln 2001, S. 62-68; Andreas Freitäger: "1945 an der Universität 'zu' Köln", in: Kulturelles Veranstaltungsverzeichnis der Universität zu Köln, WS 2005/06, S. 7-11.