Helga Tiemann

* 11.10.1917, † 13.10.2008

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Helga Tiemann (*11.10.1917 in Remscheid) besuchte nach dem Abitur die Kölner Werkschulen, vor allem die Klassen der Professoren Seuffert und Meyer. Von 1937-45 studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei den Professoren Spiegel und Eichhorst. Nach Kriegsende blieb sie bei Verwandten in Dagart, wo sie zahlreiche russische Soldaten und Offiziere porträtierte. Anschließend zog Helga Tiemann zu ihren Eltern nach Köln. In dieser Zeit entwarf sie Werbeplakate, z.B. die „weisse Dame“ für die Persil-Werbung der Firma Henkel. Der Auftrag der Firma Ford für ein Bildnis des Bundespräsidenten Theodor Heuss wurde zum Start einer erfolgreichen Karriere als Porträtmalerin. 1953 folgte ein Porträt von Konrad Adenauer, der die Künstlerin gerne weiterempfahl. Zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens saßen Helga Tiemann Modell. In den Reigen ihrer Bildnisse gehören u.a. Aenne Burda, Walter Scheel, Tilla Durieux, Katia Mann, Ronald Reagan, Nelly Sachs sowie neun Präsidenten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. Ein Porträt von Hermann-Josef Abs befindet sich in der Villa Romana in Florenz. Mit besonderer Leidenschaft porträtierte die Künstlerin auch Kinder. Neben der Malerei entstanden zahlreiche Pastelle, Tusche- und Rötelzeichnungen sowie Radierungen und Lithografien. Die Künstlerin zeichnete vorzugsweise Blumen- und Landschaftsbilder, Balletttänzerinnen und Pferde. In einem Grafikzyklus karikierte Helga Tiemann humorvoll "die großen Tiere der Gesellschaft“. Das Wichtigste beim Porträt ist für Helga Tiemann der individuelle Ausdruck der Persönlichkeit. Sie versucht das Individuum möglichst in seiner Vielfältigkeit zu erfassen und ein zeitloses Bildnis seiner Erscheinung wiederzugeben. Bei ihren Sitzungen sorgt sie für eine anregende Atmosphäre und bringt ihrem Gegenüber größtmögliche Wertschätzung entgegen. Die positive Anerkennung drückt sich auch in einer behutsamen Malweise aus, in der die Künstlerin Elemente eines Leibelschen Realismus mit ungegenständlichen pastellfarbenen und lichtdurchfluteten Hintergründen kombiniert.

Ihre erste Einzelausstellung wurde 1960 in der Galerie Abels in Köln eröffnet und es folgten zahlreiche Präsentationen, wie in der Galerie Bernheim-Jeune in Paris, in der Kölner Kunsthalle, in der Bayerischen Staatskanzlei in München, im Haus TV Nowosti in Moskau u.a. Anlässlich ihres 80. Geburtstags richtete das Museum Europäische Kunst Schloss Nörvenich 1997 eine große Werkschau aus, wo ihr auch der Alexanderorden verliehen wurde. Im Jahr 2000 zeigte die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft in Berlin eine Retrospektive ihres künstlerischen Schaffens. Für die Universität zu Köln malte die Künstlerin zwischen 1973 und 1986 sieben Rektoren, die Professoren Scheid (1973), Fellerer (1973), Hübner (1975), Stern (1975), Wiedemann (1984), Binding (1984) und Gutmann (1986). Als Porträtmalerin wurde sie vom damaligen Schatzmeister des Vereins der Freunde und Förderer der Universität zu Köln, Herrn Johann Heinrich von Stein, vorgeschlagen. Der Enkel Konrad Adenauers stiftete der Universität im März 2001 ihr Porträt Adenauers von 1953, das heute im Amtszimmer des Rektors hängt. Im Jahr 2004 erhielt sie erneut einen Auftrag für ein Konrad Adenauer-Porträt. Die 87-jährige Künstlerin schuf eine lebensgroße Skulptur, die am 19. April 2005 in Berlin auf dem Konrad-Adenauer-Platz eingeweiht wurde. Anlässlich ihres 90. Geburtstages im Oktober 2007 wurden ihre biographischen Erinnerungen "Zwischen Kunst und Politik" im Bouvier-Verlag veröffentlicht. Helga Tiemann lebte und arbeitete bis zu ihrem Tod am 13. Oktober 2008 in Köln.

Quelle: John G. Bodenstein (Hrsg.): Helga Tiemann. Graphik im Spiegel meines Lebens, Bonn u.a. 1997; Paul B. Wink (Hrsg.): Zwischen Kunst und Politik. Erinnerungen von Helga Tiemann, Bonn 2007.