Bruno Kuske

Rektor 1931 - 1932

* 29.06.1876 (Dresden), † 18.07.1964 (Köln)
Professor für Wirtschaftsgeschichte und Wirtschaftsgeographie
Dr. phil. Dr. iur. h.c. Dr. rer. pol. h.c.

Bruno Kuske (geb. am 29.6.1876 in Dresden) war von 1897-1900 Volksschullehrer. Seine mit Auszeichnung bestandene Lehrerprüfung berechtigte ihn, ein Hochschulstudium zu beginnen. Zunächst schrieb er sich in Leipzig an der Handelshochschule, dann an der Universität Leipzig für Nationalökonomie, Geschichte, Geografie, Völkerkunde und Philosophie ein. Schon 1903 wurde er dort zum Dr. phil. bei dem Nationalökonomen Karl Bücher mit einer Arbeit über "Das Schuldenwesen der deutschen Städte im Mittelalter" promoviert. Als Mevissen-Stipendiat kam er an das Stadtarchiv und Historische Museum in Köln, um eine regionale Quellensammlung zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs zu erstellen. Im November 1908 habilitierte er sich an der Kölner Handelshochschule für Wirtschaftsgeschichte. Seit 1912 ernannte man ihn dort zum hauptamtlichen Dozenten. Im Ersten Weltkrieg musste er seine Lehr- und Forschungstätigkeit wegen Einziehung zum Kriegsdienst unterbrechen. 1917 wurde er an die Handelshochschule in Köln zum o. Prof. für den ersten Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte in Deutschland berufen. 1919 erhielt er eine o. Professur an der wiedereröffneten Kölner Universität, die seit 1923 um Wirtschaftsgeografie erweitert wurde. Um auch Menschen außerhalb der Universität wissenschaftliche Erkenntnisse zugänglich zu machen, hielt er zahlreiche Vorträge im 1926 gegründeten WDR, wo er über die Rhein.-Westf. Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie zu weltwirtschaftlichen Tagesfragen referierte. Von 1923-24 und von 1939-40 war Bruno Kuske Dekan der WiSo-Fakultät und wurde von 1931-32 zum Rektor der Kölner Hochschule gewählt. Daneben leitete er von 1920 bis zu seiner Entlassung im Mai 1933 das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv. 1933 wurde er für fünf Monate wegen seiner SPD-Mitgliedschaft (von 1919-33) vom Staatsdienst suspendiert. Seine Lehrtätigkeit konnte er im Januar 1934 fortsetzen, nicht aber seine Aufgaben als Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs. Nach einem Streit über die Auslegung des "Führerprinzips" mit Rektor Kuhn, trat Kuske von seinem Dekanat zurück. 1944 wurde verhaftet und als 68-jähriger zu Zwangsarbeit an Straßenbauarbeiten im Flughafen verurteilt. Nach dem Krieg trat er wieder der SPD bei und wurde sofort im WS 1945/46 als o. Prof. an der Universität zu Köln zugelassen. Da er seit 1946 das Generalreferat für Wirtschaft bei der Provinzialregierung der Nordrheinprovinz leitete, war er erst ein Jahr später wieder hauptberuflich an der Universität zu Köln tätig. 1946 wurde er auch Obmann der Landesarbeitgemeinschaft für Raumforschung des Landes NRW und übernahm darüber hinaus das Amt des Präsidenten des Rhein.-Westf. Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen. Im März 1951 wurde Bruno Kuske im Alter von 75 Jahren emeritiert. Während seiner Lehrtätigkeit hatte er fast 400 Doktoranden betreut.1954 zeichnete man ihn mit dem großen Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland aus. Bruno Kuskes forschte intensiv auf dem Gebiet der Rheinischen, insbesondere der Kölnischen Wirtschaftsgeschichte. Aus seinen frühen Studien am Kölner Stadtarchiv gingen u.a. die vier Bände "Quellen zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs im Mittelalter" von 1917-34 hervor. Dazu kamen Beiträge über "Die Großstadt Köln als wirtschaftlicher und sozialer Körper" (1928) und "Die Volkswirtschaft des Rheinlandes in ihrer Eigenart und Bedeutung" (1925). Er war maßgeblich an der Gestaltung der Jahrtausendfeier der Rheinlande in Köln beteiligt. Zum 150-jährigen Bestehen der Kölner Handelskammer verfasste Kuske 1947 eine Festschrift und beteiligte sich an der Ausstellung "Köln 1900 Jahre Stadt" (1950). Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschungen lag auf dem Gebiet der westfälischen Wirtschaftsgeschichte. Bruno Kuske war an dem dreibändigen Werk "Der Raum Westfalen" (1931ff.) beteiligt und veröffentlichte 1943 die "Wirtschaftsgeschichte Westfalens in Leistung und Verflechtung mit den Nachbarländern bis zum 18. Jahrhundert". An seine Analysen der raumwirtschaftlichen Zusammenhänge schlossen sich Arbeiten an, die westdeutsche Grenzfragen behandelten. Mit seiner Schrift "Rheingrenze und Pufferstaat" wandte er sich 1919 gegen französische Annexionsvorhaben. In den 1930er und 40er Jahren untersuchte er schwerpunktmäßig wirtschaftliche und soziale Verbindungen zwischen Deutschland und den Niederlanden und stellte "Die deutsche Westgrenze in ihren wirtschaftsgeschichtlichen Zusammenhängen" dar (1940). Diese und andere Schriften werden heute im Zusammenhang mit Kuskes kontroverser Rolle als Leiter der 1935 an der Universität zu Köln gegründeten "Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung" gewertet (dazu zuletzt Haupts). Über regionale Studien hinaus widmete Kuske sich großen Zusammenhängen wie "Die europäische Wirtschaftsgemeinschaft" (1947) und "Die Entwicklungstendenzen der Weltwirtschaft" (1950). Außerdem untersuchte er die Zusammenhänge der Kreditwirtschaft und des Kapitalverkehrs (1927). Dabei war es stets sein Ziel, die Entwicklung der Wirtschaft aus ihrer eigenen Dynamik zu erklären und nicht allein aus den historischen oder politischen Entwicklungen zu behandeln. Er förderte die Emanzipation seiner Fachgebiete von der Geschichtswissenschaft und der Geografie und die Entwicklung einer eigenen Methodik. Bruno Kuske starb am 18. Juli 1964 im Alter von 88 Jahren in Köln.

Quellen: Hermann Corsten: Das Schrifttum der zur Zeit an der Universität Köln wirkenden Dozenten, Köln 1938, S. 8-12; Walther Däbritz: "Bruno Kuskes Lebensgang und Lebenswerk", in: Europa. Erbe und Auftrag. Festschrift für Bruno Kuske zum 29.6.1951, Köln 1951, S. 17-34; Willehad Paul Eckert: Kleine Geschichte der Universität Köln, Köln 1961, S. 171, 180; UAK, Rektor Schieder: Nachruf auf Bruno Kuske, Juli 1964; Frank Golczewski: Kölner Universitätslehrer und der Nationalsozialismus, Köln u.a. 1988, S. 45, 66, 111, 288, 343, 353ff.; Friedrich-Wilhelm Henning: "Bruno Kuske (1876 bis 1964), in: Friedrich-Wilhelm Henning (Hrsg.): Kölner Volkswirte und Sozialwissenschaftler, Köln, Wien 1988, S. 69-95; Hannelore Ludwig: Die Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Lehre in Köln von 1901-1989/1990, Univ. Diss. 1990, Köln 1991, S. 152f., 159ff., 182; DBE, Bd. 6, München u.a. 1997, S.181; Burkhard Dietz: "Die interdisziplinäre 'Westforschung' der Weimarer Republik und NS-Zeit als Gegenstand der Wissenschafts- und Zeitgeschichte", in: "Geschichte im Westen. Zeitschrift für Landes- und Zeitgeschichte, 14. Jg., H 2, 1999; Michael Fahlbusch: Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die 'volksdeutschen Forschungsgemeinschaften' von 1931-45, Baden-Baden 1999, S. 397, 407; Kat.: Von der Handelshochschule zur Universität. 100 Jahre wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Lehre und Forschung in Köln, Universitäts- und Stadtbibliothek, Köln 2001, S. 58-61; Leo Haupts: "Die 'Universitätsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung' und die Politische Indienstnahme der Forschung durch den NS-Staat. Das Beispiel der Universität zu Köln", in: Rheinische Vierteljahrs-Blätter, Jg. 68, 2004, S. 172-200; unik: "Die Verflechtung der Universitäten mit dem Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität zu Köln", in: Kölner Universitäts-Jounal 1-2005, S. 26.